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M&A-Studie: Investoren und andere Stakeholder melden sich lautstark zu Wort

In einer neuen Studie hat die globale Partnerschaft von Finsbury, Glover Park Group und Hering Schuppener Consulting das Kommunikationsumfeld grenzüberschreitender M&A-Transaktionen im Gesamtjahr 2019 untersucht. Im Zentrum der Analyse stand dabei die Frage, wie verschiedene Stakeholder sich öffentlich in die Debatte über M&A-Transaktionen einbringen. Dazu wurden Aussagen von Stakeholdern in führenden Wirtschaftsmedien und auf Twitter ausgewertet. In einem immer komplexer werdenden Kommunikationsumfeld lassen sich anhand der erhobenen Daten verschiedene Trends im Hinblick auf das Thema Stakeholder-Akzeptanz ableiten. Die Verfasser der Studie sind der Ansicht, dass viele dieser Trends auch im derzeit stark von der COVID-19-Pandemie beeinträchtigtem M&A-Markt Bestand haben und sich in Zukunft noch verstärken könnten.

Unter anderem kommt die Studie zu folgenden Erkenntnissen:

  • Investoren äußern sich am häufigsten kritisch in der Öffentlichkeit: 42 Prozent aller negativen Kommentare stammen von Investoren. Innerhalb dieser Gruppe äußern Investoren der Bieterunternehmen am häufigsten ihre Bedenken. Sie sind in der Gruppe der Investoren für 69 Prozent aller kritischen Kommentare verantwortlich – und damit für deutlich mehr als die Aktionäre der Zielunternehmen. 64 Prozent aller negativen Investorenzitate stammen von aktivistischen Investoren der Bieterunternehmen; innerhalb dieser Untergruppe sind Investoren aus den USA am stärksten vertreten.
  • Strategie, Erfolgswahrscheinlichkeit und Preis sind dominante Themen: Sowohl Kapitalmarktvertreter als auch Politiker, Mitarbeiter und andere Stakeholder äußern sich überwiegend zur Strategie (24%), den Erfolgsaussichten (19%) und dem Preis (17%) einer Transaktion. Obwohl Nachhaltigkeitsaspekte in der Öffentlichkeit eine zunehmend wichtige Rolle spielen, haben sie sich noch nicht als Schlüsselthema für die Akzeptanz von M&A-Transaktionen etabliert.
  • Soziale Medien sind mehr als nur ein Verstärker redaktioneller Medien – sie bilden ein eigenes Netzwerk an Themen und Kommentatoren: Die Themen, die auf Twitter am häufigsten diskutiert werden, weichen merklich von den oben genannten Themenschwerpunkten redaktioneller Medien ab. So werden auf Twitter insbesondere (1) die Finanzierung, (2) die Vorteile für Geschäftspartner sowie die (3) Post-Merger-Integration von Transaktionen diskutiert. Im Gegensatz dazu geht es in den traditionellen Medien primär um Preis, Strategie und Erfolgsaussichten. Auch die Kommentatoren unterscheiden sich: Im Gegensatz zu ihrer begrenzten Sichtbarkeit in redaktionellen Medien sind externe Drittparteien auf Twitter sehr präsent und sind dort für 73 Prozent aller Meinungsäußerungen zu den analysierten Transaktionen verantwortlich, wovon etwa ein Drittel die analysierten Transaktionen negativ kommentieren. In den redaktionellen Medien stammen nur 32 Prozent der Kommentare von Drittparteien, wohingegen Vertreter von Bieter und Zielgesellschaft mit 45 Prozent bzw. 23 Prozent zumindest gemeinsam für den deutlich größeren „Share of voice“ stehen.
  • Hohes Leakrisiko: Bei 47 Prozent der untersuchten Transaktionen wurden Informationen vor der offiziellen Ankündigung publik. Dies unterstreicht die Bedeutung einer frühzeitigen Leak-Vorbereitung der beteiligten Parteien.

Die Covid-19-Pandemie und die damit verbundene Wirtschaftskrise dürfte in den kommenden Wochen und Monaten zu einem deutlichen Rückgang der M&A-Aktivitäten führen. Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass laufende, aber auch künftige M&A-Projekte einem noch höheren Risiko ausgesetzt sind, auf öffentlichen Stakeholder-Widerstand zu stoßen. In Zeiten knapper Liquidität werden Stakeholder – nicht zuletzt aktivistische Investoren – noch genauer beobachten, wie die Unternehmen ihre Gelder investieren. Darüber hinaus dürften angesichts des zunehmenden „wirtschaftlichen Nationalismus“ große grenzüberschreitende Projekte seitens der Politik und der Regulierungsbehörden noch stärker unter Druck geraten.

Über die M&A-Akzeptanzstudie

Die M&A-Akzeptanzstudie ist eine umfassende Analyse aller im Jahr 2019 angekündigten, grenzüberschreitenden M&A-Transaktionen mit einem Transaktionswert von mindestens 5 Milliarden US-Dollar. Untersucht wurden 51 Transaktionen aus 24 Ländern weltweit. Dafür wurden insgesamt 1.400 Medienartikel und fast 5.000 öffentliche Stakeholder-Kommentare auf Reuters, Dow Jones und in führenden Wirtschaftsmedien untersucht sowie zusätzlich ca. 60.000 Tweets ausgewertet.

In einem Kommentar zu der Studie sagte Phoebe Kebbel, Managing Partner bei Hering Schuppener Consulting in Frankfurt: „M&A-Transaktionen sind immer der Kritik verschiedener Stakeholder ausgesetzt. Im vergangenen Jahr haben sich besonders Aktionäre der Bieterseite öffentlichkeitswirksam gegen M&A-Pläne ausgesprochen und damit sogar traditionell kritische Gruppen wie Arbeitnehmervertreter medial übertönt. Für das Jahr 2020 und die Zukunft erwarten wir, dass Investoren auch weiterhin meinungsstark die M&A-Debatten prägen werden. Angesichts der Verwerfungen an den Kapitalmärkten und der sinkenden Preise dürften künftig aber verstärkt wieder Aktionäre der Zielgesellschaften ihren Unmut kundtun. Darüber hinaus finden M&A-Debatten zunehmend in sozialen Medien statt. Unternehmen, die nicht aktiv über verschiedene Plattformen kommunizieren, überlassen die öffentliche Interpretation der Transaktion externen Drittparteien, die zumeist eine negative Haltung einnehmen.“

Die ganze Studie in englischer Sprache finden Sie hier.

(Quelle)

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