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Welche Anforderungen stellen Investoren an das Produkt eines Startups?

Welche Anforderungen stellen potentielle Investoren an meine Geschäftsidee? Welche Eigenschaften muss mein Produkt besitzen, damit es für Wagniskapitalgeber interessant ist? Diese Fragen stellen sich viele Gründer, die auf der Suche nach Risikokapital sind. Praxisorientierte Ratgeber und die wissenschaftliche Literatur führen gleichermaßen schier endlos anmutende Listen an Anforderungskriterien auf, die zum Teil mehr Verwirrung stiften als Hilfestellung leisten. Unser Team der Corporate Finance Mittelstandsberatung GmbH (CF-MB) hat daher beschlossen Licht ins Dunkel zu bringen. Wir haben zahlreiche empirische Arbeiten analysiert und wollen im Folgenden vier Faktoren beschreiben, auf die Wagniskapitalgeber bei ihrer Investmentauswahl nachweislich besonderen Wert legen.

1. Interesse und Produktvorteile
Damit ein Produkt zum Erfolg wird, sollte es die Bedürfnisse von Kunden befriedigen. Dazu ist es besonders wichtig, dass sich ein Produkt vom Wettbewerb abhebt. Die sogenannte Unique Selling Proposition – also das Alleinstellungsmerkmal – nimmt hierbei eine zentrale Rolle ein. Schon in den 80iger Jahren konnten Tyebjee und Bruno nachweisen, dass Venture Capitalists die Einzigartigkeit und den Wettbewerbsvorteil eines Produktes zur Einschätzung des Risikos und der möglichen Profitabilität heranziehen. Dies hat sich bis heute nicht geändert. Das Alleinstellungsmerkmal muss zudem gut nach außen kommunizierbar sein und dem Kunden nachweislich einen hohen Nutzen bieten. Als Beweis hierfür verlangen Investoren gerne einen Proof of Concept. Gründer steigern ihre Chance auf ein Investment maßgeblich, wenn sie einen glaubhaften Beleg für ein bestehendes Kundeninteresse an ihrer Geschäftsidee (verkaufte Produkte, Wachstumskennzahlen, Vorbestellungen) erbringen können.

2. Produktstatus
Damit ein Produkt Erträge generieren kann, muss es bereit für den Markt und somit verkaufsfähig sein. Besonders in frühen Finanzierungsphasen hat jedoch nicht jedes Startup schon ein fertiggestelltes Produkt, welches es Investoren präsentieren kann. Gründer können an dieser Stelle aufatmen. In den meisten Fällen ist es kein Ausschlussgrund für ein Investment, wenn noch Forschungs- und Entwicklungsarbeit bis zur Fertigstellung des Produktes geleistet werden muss. Empirische Ergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass Wagniskapitalgeber eine Veranschaulichung der Geschäftsidee positiv honorieren. Hierzu können ein erster funktionierender Prototyp (minimum viable product), ein Video oder andere Arten der Demonstration genutzt werden. Welche Reifephase des Produktes erwartet wird, hängt jedoch maßgeblich von dem Investortyp ab. So finanzieren Business Angels und Privatpersonen auf Crowdfunding-Plattformen auch Startups, die sich noch in einer sehr frühen Phase befinden. Venture Capital Investoren erwarten hingegen, dass ein Produkt in absehbarer Zeit die Marktreife erreichen wird.

3. Qualität und Innovation
Damit ein Produkt als innovativ bezeichnet werden kann, sollte es neu und nützlich sein. Zudem sollte es sich durch seine einzigartigen Merkmale von konkurrierenden Alternativen in einer Weise unterscheiden, die von Kunden geschätzt wird. Da innovative und qualitativ hochwertige Produkte eine nachweislich hohe Aussicht auf kommerziellen Erfolg haben, sollten Gründer diese Produkteigenschaften im Rahmen ihrer Kapitelmittelakquise stets hervorheben. Hellmann und Puri konnten bereits im Jahr 2000 zeigen, dass innovative Startups eine weitaus höhere Chance haben Venture Capital zu erhalten als Nachahmer. Auch bei dieser Produkteigenschaft kommt es jedoch auf den Einzelfall an. Innovationen lassen sich grob in die Kategorien inkrementell und radikal unterteilen. Startups, die lediglich inkrementelle Innovationen (also geringfügige Veränderungen/Verbesserungen) vorweisen können, haben nachweislich bei der Crowd höhere Chancen Kapital zu erhalten. Das liegt daran, dass Privatpersonen Produkte bevorzugen, die leicht zu verstehen und anzuwenden sind. Traditionelle Investoren sind hingegen auf den Erlös, den sie mit ihrer Beteiligung generieren können, fokussiert. Daher bevorzugen sie radikale Innovationen (bedeutsame, drastische Neuerungen), mit denen sich neue Märkte und Kundengruppen erschließen lassen.

4. Schutzfähigkeit
Eine altbekannte Sorge von Investoren ist es, dass das Produkt eines Startups zu leicht durch Wettbewerber kopiert werden kann. Entscheidet sich ein großer Player auf dem Markt dazu, ebenfalls ein gleichartiges Produkt zu einem günstigeren Preis anzubieten, gerät so manches Startup in existenzbedrohende Schwierigkeiten – außer es konnte sein Produkt im Vorfeld schützen. In der Praxis können Gründer verschiedene Schutzinstrumente wie Patente, Gebrauchsmuster, Geschmacksmuster und Markenrechte dazu nutzen, um sich Wettberber vom Leib zu halten. Durch diese und weitere Markteintrittsbarrieren kann das Startup länger vom sogenannten First Mover Advantage profitieren, sich eine Markenpräsenz aufbauen und höhere Preise durchsetzen. Engel und Keilbach fanden beispielsweise im Rahmen ihrer Studie aus dem Jahr 2007 heraus, dass Venture Capital-finanzierte Unternehmen in der Vorfinanzierungsphase eine größere Anzahl von Patentanmeldungen halten als nicht- Venture Capital-finanzierte Unternehmen. Demnach dienen bestehende Patente als Qualitätsindikatoren, die eine positive Investitionsentscheidung wahrscheinlicher machen. Audretsch et al. verknüpfen die Investitionskriterien Produktstatus und Schutzfähigkeit in ihrem Studienergebnis. Sie stellten fest, dass Startups, welche im Besitz von Patenten sind, mit einer höheren Wahrscheinlichkeit Kapitalmittel erhalten, sofern sie gleichzeitig über einen Prototyp verfügen. Die Forscher Hsu und Ziedonis zeigten zudem in 2013, dass Patente insbesondere in einer frühen Finanzierungsphase eine hohe Relevanz für Investoren haben, da Startups zu diesem Zeitpunkt meist keine anderen Qualitätssignale vorweisen können.

Auf einen Blick:

• Startups sollten sich im Vorfeld ihrer Kapitalmittelschaffung die Frage stellen, ob sie „investor ready“ sind
• Damit ein Produkt von Risikokapitalgebern als vielversprechende Investmentopportunität wahrgenommen wird, sollte es einzigartig, innovativ, schutzfähig und qualitativ hochwertig sein
• Zudem sollte das Produkt des Startups in absehbarer Zeit Marktreife erlangen, bei Kunden auf Interesse stoßen und einen weitreichenden Nutzen bieten
• Nicht jeder Investor passt zu jeder Reifephase einer Geschäftsidee. Gründer sollten daher zielgerichtet nach dem richtigen Wagniskapitalgeber suchen, um ihre Erfolgswahrscheinlichkeit auf ein Investment zu steigern

(Quelle)

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